Wissenswertes zum Thema :

MDR1-Thematik

von D. und M. Stützel, Wall Street Collies 

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass einige Collies und Hunde weiterer Rassen und deren Mischlinge das Medikament „Ivermectin“, ein Mittel aus der Gruppe der Avermectine zur Parasitenbekämpfung bei Rindern, Schweinen und Pferden, nicht vertragen können.

Die Ursache für diese Unverträglichkeit liegt darin, dass bei den betroffenen Tieren ein Transportsystem für die körpereigene Schadstoffentsorgung (der sog. MDR1 (Multiple Drug Resistance1)Transporter) nicht ordnungsgemäß ausgebildet ist und es daher nicht zu einer ausreichenden Entgiftung kommt; so können sich bestimmte Stoffe im Gehirn anreichern und zu starken zentralnervösen Störungen und schlimmstenfalls zum Tod führen.

Seit einigen Jahren werden die Gene für die Vererbung der Ivermectin-Unverträglichkeit erforscht.  Der MDR1-Status des Hundes wird durch ein Gen von jeweils einem Elterntier festgelegt, also einem Gen-Paar. Treffen zwei MDR1-Gene aufeinander, so ist der Collie MDR1 -/-; ein MDR1-Gen und ein MDR1 + Gen ergeben einen Carrier (MDR1 +/-); treffen zwei MDR1+Gene aufeinander, so ist der Hund ein Non-Carrier (MDR1+/+).
Ein Non-Carrier ist also der günstigste Fall. Wichtig zu wissen ist, daß nach derzeitigem Kenntnisstand ein Carrier ebenso wie ein Non-Carrier bei ordnungsgemässem Einsatz keine Unverträglichkeits-Probleme erwarten lässt.

-/-

+/-

+/+

 Betroffen sind also Hunde mit MDR1 -/-. Bei diesen Tieren ist es wichtig, dass sie keinen Zugang zu Arzneimitteln aus der Gruppe der Avermectine haben, die nicht für Hunde zugelassen sind. Probleme sind bei betroffenen Collies auch nach der unsachgemässen Eingabe eines neuartigen Entwurmungsmittels (Profender ® enthaltend Emodepsid) und der Gabe von Loperamid (z.B. Imodium akut ®) beobachtet worden. Bei einigen für Hunde zugelassenen Arzneimitteln (z.B. Milbemycinoxim (Milbemax®), Selamectin (Stronghold®), Moxidectin(advocate®)) ist –natürlich wie bei allen Tieren- besonders auf die richtige Dosierung und die korrekte Verabreichung zu achten.

Weitere Arzneimittel stehen im Verdacht, bei Tieren mit einem nicht korrekt ausgebildeten MDR1-Transporter erhöhte Konzentrationen im Zentralen Nervensystem zu verursachen. Untersuchungsergebnisse bei Mäusen legen diesen Schluss nahe; Untersuchungsergebnisse beim Hund stehen noch aus.

Wenn man diese Grundsätze beachtet, dann beinhaltet der MDR1-Status -/- keinerlei Probleme bei der Haltung eines Hundes!

Mittlerweile ist es möglich, Collies genetisch auf das Vorhandensein der für die ordnungsgemäße Ausprägung des MDR1 Transporters verantwortlichen Gene zu testen. Notwendig für die Testdurchführung ist eine Blutprobe oder ein Abstrich aus der Maulschleimhaut. Angeboten wird der Gen-Test u.a. bei den Firmen TransMit, Laboklin (www.laboklin.de) (diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!).

Mit dem Gen-Test hat man die Möglichkeit, bei Collies festzustellen, ob und in welchem Umfang ein möglicher Zuchtkandidat ein Gen für die Arzneimittelunverträglichkeit vererben wird. Auf diese Art und Weise wird es für den Züchter möglich, durch gezielte Anpaarung von Generation zu Generation den MDR1-Status unserer Zuchttiere zu optimieren, ohne dabei gleichzeitig andere wichtige Zuchtziele wie die Bekämpfung weiterer erblicher Erkrankungen (wie z.B. HD, CEA) und den Erhalt des collietypischen Wesens, Gangwerk, Körperbau, … aus dem Auge zu verlieren. Diese Strategie verfolgen wir bei unserer Colliezucht.

Ein MDR -/- Hund ist also weder "krank" oder im engeren Sinn "defekt", er ist einfach von der Erbmasse empfindlich gegen einige, wenige Stoffe.
So ist es beispielsweise ratsam, bei allen Arten von Narkosen einem MDR -/- Hund zunächst nur ca. die Hälfte der für sein Gewicht vorgesehenen Dosis zu verabreichen und ggf weiteres Narkosemittel erst nach Wirkung folgen zu lassen (eigene Beobachtung!), und bei Der Durchfallbehandlung auf Loperamid zu verzichten.
Inzwischen gibt es für die Entwurmung aller Hunde sichere Entwurmungen. Der Stoff Ivermectin war NIE ! für die Anwendung am Hund zugelassen!
Wir haben in den letzten Jahren Hunde aller MDR-Varianten selber gehalten, entwurmt und auch problemlos in Narkose gelegt. Wir konnten in ca. 10 Jahren nie feststellen, dass es Unterschiede zwischen den Hunden in Bezug auf die Verträglichkeit von normalen zugelassenen Hundearzneimitteln unter Beachtung der oben beschriebenen Vorsichtsmaßnahmen gab. Hingegen wird ein Hund mit schwerer Hüftdysplasie erhebliche Problem bekommen, und ein ängstlicher, unsicherer Hund wird sein ganzes Leben lang mit seinem Besitzer leiden!

Hier ist ein Überblick über den dominant-rezessiven Erbgang für die Vererbung der MDR1-Gene:

Vater/Mutter

Mutter/Vater

 

Welpen

 

 

 

-/-

+/- Carrier

+/+ Non-Carrier

 

 

-/-

-/-

100%

 

 

 

-/-

+/-

50%

50%

 

 

 

-/-

+/+

 

100%

 

+/-

+/-

25%

50%

25%

 

+/+

+/-

 

50%

50%

 

 

+/+

+/+

 

 

100%

 

(©DMS  Jan 2010; die Grafiken entstanden mit der freundlichen Genehmigung der Autorin in Anlehnung an das Buch The Collie-A veterinary reference for the professional breeder von Dr. Sharon Vanderlip, Neuauflage in Vorbereitung; vielen Dank!)